Im Jahr 2011 bekam ich die Diagnose Brustkrebs. Nach einem ersten kurzen Schock, begann für mich mein ganz persönlicher Kampf gegen den Krebs. Den führte ich mit ganz viel positiver Energie und dem festen Entschluss, das dieses „Mistding“ mich nicht kleinkriegen würde. Und am Ende gewann ich den Kampf und bin heute eine gesunde Frau. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Meine erste Begegnung mit Marie
An einem Tag saß ich wie immer im Wartebereich der Strahlenklinik in Dresden. 30 Behandlungen musste ich absolvieren und jedes Mal wurde es ein wenig schwerer. Ich hatte Nebenwirkungen, Knochenschmerzen und übel war mir auch. Dazu kamen die täglichen Fahrten mit einem Taxi ins entfernte Dresden, die sehr ermüdend waren.
Ich weiß noch wie heute, dass eine Frau den Gang entlang kam, die ein kleines Mädchen schob, die im Rollstuhl saß. Die Kleine war etwa fünf Jahre alt und trug einen dicken Verband um ihren Kopf. Neben mir war der einzig freie Platz und ich spürte, wie ich neugierig gemustert wurde. Dann fragte mich die Kleine, wie ich denn heiße und ich sagte meinen Namen. Sie wäre Marie, meinte sie zu mir. „Und wo hast du den Krebs, Evi?“, fragte sie weiter.
Ich deutete auf meine Brust und musste zugeben, dass die pure Frage mich irgendwie aus der Bahn warf. Weil, als meine Tochter so alt wie Marie gewesen war, hätte ihr der Begriff Krebs sicherlich nicht das geringste gesagt. Es machte mich betroffen, wie professionell die Kleine damit umging. Und ich erfuhr, dass sie an einem Hirntumor litt, der so groß war, dass sie Chemo und Bestrahlung zeitgleich bekam. Und jeder, der schon einmal eine dieser Behandlungen hatte, weiß wovon ich spreche, wenn ich sage, dass dies extrem belastend für Körper und Seele ist.
Marie meinte dann pragmatisch. „Wenn das alles nicht hilft, dann muss ich sterben.“
Ich schämte mich zutiefst, für mein eigenes Gejammer über tägliche Taxifahrten und suchte nach Worten.
In diesem Moment wurde die Kleine aufgerufen und verschwand mit ihrer Mama in der Kabine. Doch sie drehte sich noch einmal um, lachte fröhlich und rief mir zu, „Mach´s gut, Evi.“
Wenn ich heute sage, dass ich diesen Anblick niemals vergessen werde, so ist das die volle Wahrheit. Ich war so betroffen, dass ich am liebsten losgeheult hätte. Doch dann kam mir ein Gedanke: Wenn ich eines Tages gesund bin, tue ich etwas, um auf die Erkrankung Krebs bei Kindern aufmerksam zu machen.
Worum geht es und warum ein Kinderbuch über das Thema Krebs?
Eines Tages war ich Autorin und ich erinnerte mich, an mein mir selbst gegebenes Versprechen, etwas für krebskranke Kinder zu tun. Warum nicht ein Kinderbuch schreiben?
Eine Geschichte war schnell gefunden, sie sollte im Tierreich spielen und die Hauptperson würde ein kleiner Marienkäfer sein, namens Marie. Warum ausgerechnet ein Marienkäfer? Für mich ist er ein Glückssymbol und noch heute freue ich mich, wenn einer in meiner Nähe landet.
Und so entstand die Geschichte um Marie und ihren allerbesten Freund, den Hirschkäfer Karl, der eines Tages nicht mehr in die Schule kommt. Marie, die ein mutiger kleiner Käfer ist, macht sich ganz allein auf den Weg durch den finsteren dunklen Wald, um ihren Freund zu besuchen. Denn Freundschaft hilft gegen alles, auch gegen Krankheiten.
Bei dieser Wanderung lernt sie drei Freunde kennen: Die Schnecke Sven, die immer einschläft; Hummel Horst, der ein wenig dick und pummlig ist und schließlich noch Anton, die Ameise, der immer geärgert wird, weil er so schrecklich schlau ist. Am Ende erkennen die Tierkinder, dass zusammen alles besser geht, als allein.
Bei Karl angekommen, erfährt Marie, dass dieser an Krebs erkrankt ist und einen Knubbel am Bein hat. Das Buch erzählt kindgerecht über die einzelnen Behandlungen und ist damit extrem wertvoll für Kinder, in deren Umfeld die Krankheit Krebs auftritt oder die selbst daran erkranken. Jemand sagte einmal: Dieses Buch hilft, wo Worte fehlen.
Und warum auch noch das Thema Sterben?
Als ich mein Buch schrieb, durfte ich auf einer onkologischen Station für Kinder zu Gast sein. Und ich sprach mit den kleinen Patienten über das Thema Tod. Sie sagten mir, „Evi, in deinem Buch muss eines der Tierkinder sterben. Denn Sterben gehört zu unserem Alltag.“ Ja, nicht jedes Kind kann es schaffen. Manche werden wieder gesund, manche gehen über die Regenbogenbrücke.
Dennoch ist mein Buch nicht traurig. Es ist lustig, regt zum Nachdenken an und spendet ganz viel Hoffnung. Das ist enorm wichtig. Aber vor allem holt es schwierige Themen in die Mitte unserer Gesellschaft. Themen, die wir am liebsten verdrängen, weil sie uns betroffen, traurig und hilflos machen. Doch damit ist keinem kleinen oder großen Patienten geholfen.
Fünf Euro pro verkauften Buch gehen an den Sonnenstrahl e.V. Dresden?
Von Anfang an stand für mich fest, dass ich mit meinem Buch ein Projekt unterstützen möchte, dass sich mit dem Thema Krebs bei Kindern beschäftigt. Schnell fand ich den Sonnenstrahl e.V. Dresden.
Der Verein betreibt unter anderem ein Haus in der Nähe der Uniklinik Dresden, in dem Eltern wohnen können, wenn ihr Kind behandelt wird. Aber auch Musiktherapien, Unterstützung von Geschwisterkindern, Austausch unter den Eltern und viele andere Dinge gehören zum Programm.
Welche Aktionen hat es schon rund um Marie und ihre Geschichte gegeben?
Mit der Puppe „Marie“ und meinen Büchern veranstaltete ich Lesungen in Grundschulen und Kindergartengruppen, aber auch vor Erwachsenen.
Immer wieder wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, über Krebs zu sprechen. Und wie viele Kinder darüber etwas zu erzählen haben. Aber auch wie viele Fragen offen bleiben und wie viele Ängste es gibt, wenn es um diese Krankheit und das Sterben geht. Wenn ich nur einige dieser Ängste nehmen konnte, bin ich sehr dankbar.
So viele tolle Bilder und wo sie entstanden sind?
Selbst lesen, aber auch vorgelesen bekommen, fällt in manchen Phasen einer Krebserkrankung schwer. Die Betroffenen haben dann mit Konzentrationsproblemen zu kämpfen, können Erzählungen schlecht folgen. Außerdem sollte mein Buch auch auf Krebsstationen als kleiner Lichtblick Anwendung finden. Und so mussten viele Zeichnungen her.
Ich veranstaltete auf Facebook einen kleinen Wettbewerb und bat Illustrator:innen, mir ihre Marie zu zeichnen.
Das Rennen machte die wunderbare Daniela Veit aus Dresden, die es auf Anhieb schaffte, mir meine Marie zu zaubern. Genauso, wie ich sie mir selbst vorgestellt habe. Die Illustrationen wurden von allen hochgelobt und sind sehr sehenswert. Ein echter Gewinn für mein Herzensprojekt.
Wie geht es mit der kühnen Marie weiter?
Ich wünsche mir, dass meine Marie in viele Krankenhäuser, aber auch Grundschulen und Kindergärten einzieht und dort Antworten auf wichtige Fragen gibt.
Auch Lesungen führe ich immer noch durch und stehe natürlich sehr gern für Vorträge oder Interviews zu diesem Thema zur Verfügung.
Mein größter Wunsch ist, dass Maries mutmachende Geschichte, weit in die Welt hinausfliegt.
Wie können meine Leser:innen die Kinder unterstützen oder das Buch kaufen?
Aufgrund der Spende von 5 Euro, die pro verkauften Exemplar an den Sonnenstrahl e.V. Dresden gehen, ist mein Buch nicht im Buchhandel erhältlich und kann nur direkt bei mir bestellt werden.
Für all diejenigen, die gern helfen, aber kein Buch kaufen möchten, gibt es die Möglichkeit, Buchpatenschaften zu übernehmen. Diese Bücher werden dann von mir an betroffene Eltern, onkologische Stationen, Kurkliniken oder Kinderhospize verteilt.